Die Beliebtheit von Multivitaminen ist ungebrochen, etwa ein Drittel aller Amerikaner*innen nimmt täglich Multivitamine oder Nahrungsergänzungsmittel ein. Ein günstiger Einfluss auf die Sterblichkeit ist in mehreren Kohortenstudien auch nach 20 Jahren nicht nachweisbar.
Für die Vorbeugung von Herzkreislauf-Erkrankungen oder Krebs durch Multivitaminpräparate gibt es laut Studienergebnissen aus dem Jahr 2014 der "U.S. Preventive Services Task Force" USPSTF keinen Beleg. 2022 wurden diese Ergebnisse durch neue Studienergebnisse nochmal untermauert.
Multivitamine sind auch nicht ohne Risiko:
In zwei randomisierten Studien konnte gezeigt werden, dass die Einnahme von Beta-Carotin bei Rauchern das Lungenkrebsrisiko erhöht.
Vitamin K kann die Wirksamkeit von blutgerinnungshemmenden Medikamenten herabsetzen.
Eine zu hohe Einnahme von Eisen kann bei Menschen, die an Hämochromatose (Eisenspeicherkrankheit) leiden (und dies oft nicht wissen, weil sie noch nicht erkannt wurde) zu Eisenablagerung z.B. im Gehirn führen, was zu kognitiven Einschränkungen führen kann.
Kupfer, Kalzium und Zink können die Aufnahme und damit Wirksamkeit von Antibiotika verringern.
Insgesamt hat die Einnahme von Multivitaminen in Studien mit ca. 400.000 Teilnehmer*innen gezeigt, dass dies keinen Einfluss auf die Sterblichkeit hat. Im ersten Jahrzehnt der Einnahme ist die Sterblichkeit sogar um 4 % erhöht und zwar signifikant. Danach ist das Sterberisiko nur noch tendenziell erhöht.
Quelle: Newsletter Deutsches Ärzteblatt vom 28. Juni 2024
Fazit für die Praxis: soll man nun gar keine Multivitamin-Präparate, Spurenelemente oder ähnliches einnehmen? Mein Rat:
Nehmen Sie die empfohlenen und / oder verordneten Nahrungsergänzungsmittel ein und beobachten Sie die Wirkung. Wenn Sie eine deutliche Verbesserung Ihres Gesundheitszustands beobachten, nehmen Sie diese Präparate eine Zeitlang weiter und setzen Sie diese nach 2-3 Wochen wieder ab. Oft sind die Organe dann ausreichend mit Vitaminen, Spurenelementen, etc. versorgt. Bei Bedarf können Sie wieder ein Kur machen!
Achten Sie darauf, ob Sie bei Einnahme von mehreren Präparaten möglicherweise identische Substanzen Substanzen enthalten sind, gerade wenn die Empfehlung von mehreren Verordnern stammen. Vor kurzem hat eine Patient*in 4 verschiedene Präparate eingenommen, in denen jeweils geringere aber auch größere Mengen von Magnesium enthalten waren. Erst nach einer ausführlichen Medikamentenanamnese einschließlich der Nahrungsergänzungsmittel wurde klar, dass die seit Monaten bestehenden Durchfälle dadurch ausgelöst waren. Nach Absetzen der Magnesium-haltigen Präparaten trat eine rasche "Heilung" ein. Wiederholte Magen-Darm-Untersuchungen hätte sich diese Patientin ersparen können.
Ernähren Sie sich gesund. Mediterrane Kost, viel Gemüse, am besten regional (und falls möglich biologisch angebaut), Vollkornprodukte statt Weißmehl, Fleisch und Fisch in Maßen.
Meiden Sie, wo es geht, Fertigprodukte. Diese sind ernährungspyhsiologisch oft ungünstig, teuer und erzeugen viel unnötigen Verpackungsmüll.
Dr. Dominik Müller
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